Strohhaus: Wohnen mit gutem Gewissen

Isabel Herwig Isabel Herwig
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Mit Stroh bauen, heißt umweltbewusst bauen. Kein Wunder, dass der nachwachsende Rohstoff gerade heute ein Revival erlebt, wo Klimaschutz und Nachhaltigkeit angesagter sind, denn je.  

Übliche Baustoffe wie Beton oder Mineralwolle sind nicht nur bei der Herstellung, sondern auch schon beim Transport Klima-Killer und Energiefresser. Stroh hingegen überzeugt als natürlicher Baustoff, der regional verfügbar ist, CO2 bindet und mit einer Dämmleistung, die der herkömmlichen Ziegel-Styropor-Bauweise in nichts nachsteht.  

Zugegeben, dass Häuser tatsächlich durch das Aufeinanderstapeln von Strohballen gebaut werden, sollte die Ausnahme bleiben. Häufiger wird die Fachwerktechnik genutzt. Die Lücken zwischen den tragenden Balken werden dann mit gepresstem Stroh aufgefüllt. 

Steht ein Strohhaus auch bei eurer Eigenheim-Planung ganz oben auf der Liste? Ihr traut euch nur noch nicht so richtig an den neuen alten Rohstoff ran? Keine Sorge, wir wissen Rat und haben unser gesamtes Wissen ge(stroh)ballt, damit ihr euch euren Traum vom Öko-Haus erfüllen könnt. 

Lohnt sich ein Strohhaus überhaupt?

Wer beim Hausbau Karmapunkte in Sachen Klimaschutz sammeln will, setzt bei einem mit Stroh verkleideten Haus auf das richtige Pferd. Für all diejenigen, die eher auf Fakten setzen: Das Strohhaus steht hoch im Kurs. Denn: Die Dämmleistung ist phänomenal. Eine mit Lehm verputzte Strohwand lässt wesentlich weniger Wärme durch, als eine vergleichbar dicke Ziegelwand, die mit Schaumstoffplatten gedämmt ist. Und warum sollte man sich teure synthetische Baustoffe liefern lassen, wenn die Bauern der Umgebung eh jede Menge Strohballen übrig haben…

Die gepressten Strohplatten, die beim Hausbau verwendet werden, sind zudem eine ideale Abschirmung gegen Lärm. Und hat das Haus nach vielen Jahren dann doch Mal den Zenit überschritten und muss zurückgebaut werden, entsteht kaum lästiger Sondermüll, sondern Kompost. 

Gängige Ängste bei der Verarbeitung von Stroh wie Feuergefahr, Feuchtigkeit oder Nagetier- und Insektenbefall sind nachvollziehbar. Sie können aber durch eine sorgfältige, riss- und lochfreie Verkleidung beseitigt werden. 

Strohhäuser: Deswegen sollte man nicht jedes Märchen glauben…

Die Vorurteile gegenüber dem Baumaterial Stroh halten sich hartnäckig: brennt leicht, ist instabil und feucht…

Nichts da! Dass Stroh leicht brennt, trifft vielleicht für lose Halme zu, aber bei dicht gepressten Strohballen nicht. Diese verhindern die für ein Feuer notwendige Sauerstoffzufuhr. Wird dann noch mit Lehm verputzt, ist der Brandschutz kein Problem mehr. Die gepressten Strohquader, die zum Hausbau verwendet werden, sind außerdem ganz schöne Brocken und halten jede Menge Druck aus.

Dennoch: In Deutschland ist – anders als in anderen Ländern – bis jetzt nur die Holzrahmenbauweise erlaubt. Das heißt: Strohballen übernehmen keine tragende Funktion, sondern werden als wandbildender Dämmstoff eingesetzt. 

Wer sich allerdings gern mit der Bauaufsicht herumschlägt, kann auch eine Einzelgenehmigung für eine lasttragende Konstruktionsart beantragen. Dann übernehmen die Strohballen die vertikalen Lasten. Denn das können sie problemlos, wenn Großballen wie Mauersteine aufeinander gesetzt werden. Das sollte man aber auf keinen Fall in Eigenregie machen – dafür ist ein Architekt notwendig, der sich mit der Materie auskennt! 

Größter Feind des Baustoffs ist die Feuchtigkeit. Das Stroh darf vor dem Verputzen auf keinen Fall nass werden. Dazu sollte es möglichst frisch sein und zuvor nicht mit dem Erdreich in Verbindung kommen. Dass sich in Strohdämmung gern Insekten und Nagetiere einnisten, ist ein weiterer Irrglaube. Die Dämmung ist ja verputzt. Und für alle die auf Nummer sicher gehen wollen, baut man einfach noch ein Gitter in die Dämmung.

Neuer Öko-Trend, den es so schon einmal gab

Schon Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die US-Amerikaner wie wertvoll Stroh als Baumaterial für ihre Häuser ist. Damals noch eher aus Mangel an Holz, heute aus bauphysikalischen Gründen. 

Wegen ihres hohen Belastungsgrades wurden die Strohballen in Nebraska von Wanderarbeitern wie Ziegelsteine zum Wandaufbau eingesetzt. Ähnlich wie bei einem einfachen Mauerwerk wurde schon damals die Strohdämmung von innen und außen verputzt. 

Mit dieser Idee lösten die Amerikaner nicht nur das Problem fehlenden Baumaterials, sie schufen auch optimal wärmegedämmten Wohnraum. Heute erreichen mit Stroh gedämmte Häuser Passivhauswerte. Das heißt ein Haus hat eine so gute Wärmedämmung, dass es keine klassische Heizung im Gebäude benötigt. 

Vor allem in der heutigen Zeit, wo Diskussionen über steigende Energiepreise und den Klimawandel viele Menschen bewegen sich nach Alternativen umzuschauen, ist das Strohhaus die ideale Lösung. 

Das sind die gesundheitlichen Vorteile eines Strohhauses

Das Stichwort lautet 'gesundes Raumklima', denn das Stroh in den Wänden sorgt gleich an mehreren Fronten für absolutes Wohlbefinden. 

Die meisten Strohwände werden mit Lehm verputzt und erzeugen so die perfekte Luftfeuchtigkeit im Haus. Warum? Lehm kann Feuchtigkeit aus der Luft schneller als andere Materialien aufnehmen und auch wieder in den Raum abgeben. Neben der ausgeglichenen Luftfeuchtigkeit, sorgt auch die schadstofffreie, saubere Atemluft für das leibliche Wohlergehen. Hausstaub-Allergie – auf nimmer wiedersehen. Okay, zumindest in den eigenen vier Wänden. 

Außerdem kann man sich sicher sein, dass in gepressten Strohquadern auch nur Stroh drin steckt, denn die Herstellung der Ballen für den Hausbau erfolgt mit landwirtschaftlichen Ballenpressen. Die dicht gepressten Quader enthalten ausschließlich Stroh und etwas Bindeschnur. Die hält alles zusammen. Andere Zusätze gibt es nicht – eben voll ökologisch, aber vor allem behaglich, kuschelig und antiallergisch. 

Die Kosten

Stroh hat längst das Potenzial, den breiten Markt zu erobern, denn es ist günstig und leicht zu beschaffen. Bis jetzt gibt es in Deutschland aber lediglich ein paar hundert Gebäude, die mit Strohballen gebaut wurden. Das ist nichts im Vergleich zu den USA oder der Schweiz, wo man viel weiter ist und auch die lasttragende Bauweise etabliert hat. 

Strohballen sind fast überall regional in großen Mengen verfügbar und kosten zum Teil nur einen Euro pro Stück. Bauern wollen die Dinger loswerden. Ein neues Öko-Haus freut sich. Die gepressten Strohquader lassen sich leicht verbauen – das kann auch ein absoluter Stroh-Neuling und es spart jede Menge Geld. 

Und wo wir gerade bei Einsparungen sind… Da Stroh als Dämmstoff vor allem warm hält, braucht man pro Jahr nur mit sehr geringen Heizkosten rechnen. 

Hat das Haus irgendwann einmal den Zenit überschritten und muss zurückgebaut werden, braucht man keine lästige und teure Entsorgung von Sonderabfällen organisieren. Das Gebäude lässt sich kompostieren. 

Technische Vorteile eures Strohhauses

Auch wenn das Strohhaus am Ende aussieht, wie dieses klassische Landhaus auf dem Foto, bietet es doch viele technische Feinheiten, die das Stroh in seinen Wänden mit sich bringt. Den Einbau einer kostspieligen Gebäudeheizung kann man sich sparen! Denn ein Strohhaus hat wie schon erwähnt Passivhausqualitäten. 

Außerdem sind Strohwände mindestens 45 Zentimenter dick, das heißt nicht nur, dass auch an lauten Straßen kein zusätzlicher Lärmschutz gebraucht wird, sondern hat auch ästhetische Qualitäten. Dicke Wände sehen gut aus und sind mit herkömmlichen Bauvarianten schwer zu realisieren. Außerdem kann man problemlos an jedes Fenster ein Fensterbrett packen, das sich ideal in die Fassade einfügt. 

Technisch gesehen braucht man nicht einmal viel Hilfe beim Einbau der ökologischen Dämmung. Ein Experte sollte den Einbau des Dämmstoffs zwar schon beaufsichtigen – anpacken kann aber auch jeder Leihe. Die Ballen sind einfach zu verarbeiten und leicht mit dem Messer oder einer Säge zu zerschneiden. 

Instandhaltung

Durch den natürlichen Baustoff Stroh entstehen leicht optisch bewegte Oberflächen. Das lässt die Wände noch sinnlicher wahrnehmen, bietet aber auch eine gewisse Angriffsfläche was den Putz angeht. 

Dazu sollte man wissen, dass Risse im Putz das am häufigsten auftretende Wartungsproblem sind. Es ist aber ein natürlicher Prozess, der da vor sich geht und auch gar nicht so schlimm. Verputzte Wände ziehen sich nämlich zusammen, wenn sie trocknen und dann können auch kleine Risse entstehen. 

Damit das Strohhaus nicht anfällig für Wind und Wetter wird, sollten Risse in der Außenwand repariert werden. Kleine Haarrisse sind für gewöhnlich kein Problem, im Auge behalten sollte man sie trotzdem. Reichen die Risse durch mehrere Schichten, muss sofort Hand angelegt werden, denn dann kann Feuchtigkeit die Strohdämmung zerstören. 

Wichtig ist vor allem die Beschaffenheit des Putzes, der auf die Strohballen kommt. Ist zu viel Bindemittel enthalten, wird der Putz schnell rissig, ist zu wenig, wird die Wand porös. 

Was passt zum Strohhaus? Diese anderen Naturmaterialen sind ideal um ein Haus zu bauen

Die perfekten natürlichen Begleiter von Stroh sind Lehm und Holz. Meist werden die Wände von Strohhäusern mit Lehm verputzt, wodurch ein optimales Raumklima entsteht. Aber nicht nur das! Eine Wand aus Stroh und Lehm trotzt Feuer überdurchschnittlich lange! In einem Test der Experten der Materialprüfungsanstalt Braunschweig konnten beidseitig lehmverputzte Wände sogar nach 90 Minuten dem Feuer noch standhalten. Für Einfamilienhäuser ist höchstens eine Feuerresistenz von 30 Minuten verbindlich. 

Auch das natürliche Material Holz geht eine ideale Symbiose mit dem Baustoff Stroh ein. Es spricht ähnlich wie Stroh alle Sinne an und sorgt für eine warme Atmosphäre, selbst wenn das Haus optisch eher modern wirkt. Die häufig verwendete Fachwerktechnik bei Strohhäusern bringt Holz als Balkenkonstruktionen von ganz allein ins Spiel. 

Und das Beste: alle drei Materialien sind biologisch abbaubar und gemeinsam mit dem Stroh in den Hauswänden bzw. dem Dach kompostierbar. 

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